Vorhofflimmern erhöht das Risiko für einen Schlaganfall um das Fünffache.

Risikopatienten finden und versorgen

Menschen mit Vorhofflimmern wissen häufig nicht, dass sie die Erkrankung haben. Die Symptome sind unklar und nicht spezifisch für diese Form der Herzrhythmusstörung. Das führt dazu, dass viele Risikopatienten nicht mit der angemessenen Vorhofflimmern-Therapie, insbesondere zur Vorbeugung von Schlaganfällen, versorgt werden. Das Ziel muss daher sein, mehr Risikopatienten zu diagnostizieren, leitliniengerecht zu versorgen und damit die Chancen der Prävention zu nutzen.

Tabelle: Inzidenz- bzw. Prävalenzraten je 100.000 in den Jahren 2014 und 2018 hochgerechnet auf die GKV-Population der jeweiligen Jahre.

Vorhofflimmern ist häufiger als oft vermutet

Die Tabelle zeigt, dass die Rate von Versicherten mit prävalentem VHF zwischen 2014 und 2018 bei Frauen und Männern um 26 bzw. 25 % anstieg, während die Raten für inzidenten ischämischen Schlaganfall und VHF-assoziierten ischämischen Schlaganfall rückläufige Tendenzen zeigten. Ausgeprägte Unterschiede zwischen den Geschlechtern zeigten sich für die VHF-Prävalenzrate, die bei Männern in beiden Jahren um rund 11 % höher war als bei Frauen. Dagegen waren bei Frauen 2014 höhere Raten für inzidenten ischämischen Schlaganfall und VHF-assoziierten ischämischen Schlaganfall zu beobachten; im Jahr 2018 war bei Frauen nur noch eine höhere Rate für VHF-assoziierten ischämischen Schlaganfall erkennbar.1

Abbildung: Verteilung der Versicherten mit prävalentem VHF nach Empfehlung für orale Antikoagulation entsprechend berechnetem CHA2DS2-VASc-Score1* (Rohdaten).

Empfehlung oraler Antikoagulation über Altersgruppen

Entsprechend den Empfehlungen der aktuellen Leitlinie2 zur Behandlung mit Antikoagulanzien wurden die Versicherten auf Basis des jeweils berechneten CHA2DS2-VASc-Scores verschiedenen Kategorien zugeordnet. Da die Ergebnisse für beide Geschlechter sehr ähnlich sind, zeigt die Abbildung die Ergebnisse für die Anteile der zugeordneten Kategorien je Altersgruppe für Frauen und Männer zusammengefasst. Bei Versicherten unter 45 Jahren besteht bei 59,6 % keine Empfehlung für eine orale Antikoagulation, bei 11,1 % wäre sie zu empfehlen. In der Altersgruppe der 65- bis 69-Jährigen gilt bereits für 91,7 %, dass eine orale Antikoagulation durchgeführt werden sollten und sie bei den übrigen Versicherten zu erwägen ist. Ab einem Alter von 75 Jahren ergibt die Zuordnung zu den Kategorien, dass bei allen Versicherten mit Vorhofflimmern eine Behandlung mit oralen Antikoagulanzien empfohlen wird.1

Abbildung: Anteil von Versicherten mit inzidentem VHF-assoziiertem ischämischen Schlaganfall und vorheriger VHF-Diagnose an allen inzidenten VHF-assoziierten ischämischen Schlaganfällen im Zeitraum 2014 bis 2018 (standardisiert auf GKV-Population 2018).

Regionale Unterschiede bei VHF-assoziiertem ischämischen Schlaganfall und vorheriger VHF-Diagnose

Die Abbildung zeigt, dass die Anteile der Versicherten mit VHF-assoziiertem ischämischen Schlaganfall und vorheriger VHF-Diagnose in den KV-Regionen sehr unterschiedlich waren. Der niedrigste Anteil wurde mit 43,81 % für das Saarland bestimmt, d. h., bei rund 44 % der Versicherten mit VHF-assoziiertem Schlaganfall wurde bereits vor dem ischämischen Schlaganfall eine VHF-Diagnose dokumentiert. Der höchste Anteil entsprechender Versicherter wurde mit 74 % für Versicherte berechnet, die in der KV-Region Bremen wohnen.1

Höer, A. Schiffhorst, G. und Berkemeier, F. (2023, 28. Juli). Häufigkeit und Kosten von ischämischen Schlaganfällen und Vorhofflimmern in Deutschland (GKV) unter Berücksichtigung von Versorgungsaspekten - Real World Evidence auf Basis der InGef Health Research Database, IGES, URL: 2023-09-29_IGES_Bericht_Routinedaten_Schlaganfall_clean_final_cov_ger.pdf [abgerufen am 10.10.203].Aktuelle Leitlinie: 2020 ESC Guidelines for the diagnosis and management of atrial fibrillation developed in collaboration with the European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS) | European Heart Journal | Oxford Academic (oup.com)Der CHA2DS2-VASc-Score ist eine Weiterentwicklung des CHADS2-Scores und wird dazu genutzt, dass Schlaganfallrisiko bei VHF zu bemessen. Bei einem CHA2DS2-VASc-Score größer/gleich 2 bei Männern und größer/gleich 3 bei Frauen ist eine Antikoagulation empfohlen.

Inzidenz bezeichnet die Anzahl neu auftretender Fälle (z.B. Schlaganfälle) im jeweils betrachteten Teil der Bevölkerung während einer bestimmten Zeit (meist 1 Jahr). Üblicherweise wird die Inzidenz in der Einheit Anzahl der Neuerkrankungen pro 100.000 Personen pro Jahr angegeben. 

Die Prävalenz bezeichnet dagegen die gesamte Anzahl Fälle (z.B. von Vorhofflimmern) im betrachteten Teil der Bevölkerung zu einem Zeitpunkt oder während einer bestimmten Zeitdauer, beispielsweise einem Jahr (Anteil der erkrankten Personen an der Gesamtpopulation).